Mobile Beratung in Thüringen Rechtspopulismus

Nach den Wahlen: Angriffe werden stärker – Mobile Beratung bietet Unterstützung

Wahlplakat

Presseinformation des Bundesverbandes Mobile Beratung e.V. zu den Ergebnissen der Kommunal- und Europawahl

Bundesverband Mobile Beratung e.V. (BMB) gibt Übersicht über Ergebnisse der EU- und Kommunalwahlen aus seiner Perspektive

Der BMB ist als Dach- und Fachverband von ca. 150 Mobilen Berater*innen mit 36 Trägerstrukturen Mobiler Beratung gegen Rechtsextremismus in allen Bundesländern vertreten. Seit 25 Jahren wird in Deutschland Kommunalberatung zur Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus, Rechtspopulismus, Rassismus und menschenverachtenden Einstellungen angeboten und sukzessive weiterentwickelt. Wir begleiten Bürger*innen dabei Wege zu finden, wie Demokratie und Menschenrechte in ihrem Lebens- und Berufsumfeld gestärkt werden können.

„Das ist gerade in Zeiten, da rechte Diskurse aus der Mitte der Gesellschaft befeuert werden und damit verbunden eine Normalisierung von Rassismus und Rechtspopulismus voranschreitet, von vitalem gesellschaftlichen Interesse“

Grit Hanneforth, Sprecherin im BMB

„Unsere Arbeit ist eine unverzichtbare Ressource für alle, die den aktuellen Rechtsruck der Gesellschaft nicht hinnehmen wollen und denen an einer demokratischen Alltagskultur auf Grundlage der unveräußerlichen Menschenrechte gelegen ist.“

Grit Hanneforth, Sprecherin im BMB

Aus dieser Perspektive werfen wir nachfolgend einen analysierenden Blick auf die mit den Wahlerfolgen der AfD bei den Europawahlen und den Kommunalwahlen in 10 Bundesländern verbundenen gesellschaftlichen Entwicklungen. Darüber hinaus stellen wir eine Übersicht zu den Wahlergebnissen für sieben Bundesländer, in denen auch kommunal gewählt wurde, aus der Perspektive der zuständigen Beratungsteams zur Verfügung. Mit Bezug zu den EU- und Kommunalwahlen lässt sich folgendes länderübergreifend feststellen:

Die Wahlbeteiligung ist erfreulicherweise gestiegen und spiegelt eine gestärkte Aufmerksamkeit der Bürger*innen für politische Debatten. Die Wahlergebnisse zeigen in allen Bundesländern erhebliche Verluste bei den ehemaligen großen Volksparteien und eine erhebliche Differenz zwischen den Zustimmungswerten für die AfD in Ost- und Westdeutschland. Die AfD konnte ihr Ergebnis bei den EU-Wahlen bundesweit von 7,1 auf 11 Prozent steigern und hat sich auf kommunaler Ebene weiter etabliert. In Sachsen und Brandenburg wurde die AfD bei der Europawahl stärkste Kraft, in Thüringen belegt sie knapp hinter der CDU Platz zwei. Diese Wahlergebnisse werden der AfD Schwung für die anstehenden Landtagswahlen in diesen drei ostdeutschen Bundesländern geben.

Die ihr somit zur Verfügung stehenden Ressourcen wird die AfD nutzen, um als politische Gegner markierte Gruppierungen und Bevölkerungsgruppen sowie Religionsgemeinschaften, Verbände und öffentlichrechtliche Medien noch massiver unter Druck setzen als bisher. Diese Prognose lässt sich mit Forderungen aus dem sogenannten „Regierungsprogramm“ der sächsischen AfD nach dem Wahlsonntag erhärten, die so oder ähnlich auch in anderen Bundesländern erhoben werden: So will die AfD Geldleistungen für Asylbewerber*innen auf Sachleistungen umstellen, die freie Kunst- und Kulturszene finanziell beschränken und stattdessen „identitätsstiftende“ Kultur als „Spiegel des Selbstverständnisses der sächsischen Bürger“ fördern. Ähnlich verhält es sich mit der Förderung der Jugendhilfe. Der AfD politisch nicht genehme Träger sollen von einer Förderung ausgeschlossen werden.

Der Stimmenzuwachs bei der AfD führt in allen Ländern zu herben Verlusten für neonazistische Parteien. So verlor der letzte NPD-Abgeordnete im EU-Parlament, Udo Vogt, sein Mandat. Gleichzeitig finden wir in unterschiedlicher Ausprägung zahlreiche extrem rechte Kandidat*innen auf den Listen der AfD.
Auch wenn sich der Blick in Sachsen, Brandenburg und Thüringen nun auf die kommenden Landtagswahlen richtet, ist der Fokus auf die kommunale Ebene ebenso wichtig: Die Stimmenverluste von CDU und SPD und der teilweise massive Stimmenzuwachs der AfD in ostdeutschen Kommunen fordert die Gemeinde- und Stadträte und Kreistage deutlicher heraus als bisher: Nicht nur die Anträge der AfD zu den Themen Flucht und Asyl, Kunst und Kultur sowie Jugendarbeit müssen sensibel beobachtet und durch parlamentarische Mehrheiten von Demokrat*innen zurückgewiesen werden. Ebenso herausfordernd ist es, dass kommunale Gremien, aber auch bspw. Partnerschaften für Demokratie des Bundesprogrammes „Demokratie leben!“, zukünftig von AfD-Politiker*innen massiver als bisher mitbestimmt werden können.

Zivilgesellschaftliche Bündnisse, alternative Jugendkultur und die inhaltliche Auseinandersetzung mit Rassismus, Antisemitismus und anderen menschenverachtenden Einstellungen in den Regionen sind damit stark gefährdet. Das Wahlergebnis ist eine Katastrophe für Menschen die von Rassismus, Homophobie oder anderen Diskriminierungen betroffen sind und in Deutschland ihre Heimat haben.

Thüringen

Insgesamt ist deutlich zu sehen, dass überall dort, wo die AfD ihre Höchstwerte erreichen konnte, die klassischen Neonazi-Parteien deutlich an Wähler*innenstimmen verloren haben – das Auftreten der AfD hat somit zum Ausbluten der klassischen Neonazi-Parteien geführt. Im Vergleich zu klassischen Neonazi Parteien, welche durch eine höhere Wahlbeteiligung in der Gesamtbetrachtung Prozente verlieren, gewinnt die AfD zudem dadurch an Stimmen.

Eine ausführlichere Zusammenfassung findet sich in unserem Blogartikel „Rechts und ganz weit rechts: Die Wahlergebnisse in Thüringen“

Der Bundesverband Mobile Beratung e.V. (BMB) dokumentiert zudem eine Zusammenfassung der Wahlergebnisse der anderen Bundesländer auf seiner Homepage.