Mobile Beratung in Thüringen Mobit e.V. Rechte Gewalt Rechtsextremismus

Urteil im NSU-Prozess: Kein Schlussstrich ohne vollständige Aufklärung

Gruppe Thüringer Neonazis

Am heutigen Tag wurden nach einem fünf Jahre dauernden Prozess die Urteile gegen einen Teil der Mitglieder des „Nationalsozialistischen Untergrundes“ und einige Unterstützer gesprochen.

Doch der Prozess konnte bei weitem nicht einlösen, was den Angehörigen vor Jahren versprochen wurde. 2012 sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Als Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland verspreche ich Ihnen: Wir tun alles, um die Morde aufzuklären und die Helfershelfer und Hintermänner aufzudecken und alle Täter ihrer gerechten Strafe zuzuführen“. Dieses Versprechen ist auch mit den heutigen Urteilen keineswegs erfüllt. Immer noch ist unklar, wie groß das Unterstützernetzwerk der Neonazi-Terrorzelle wirklich war. Immer noch ist unklar, welche Rolle die deutschen Behörden und Geheimdienste beim Aufbau und den Taten des NSU wirklich hatten. Immer noch sind die rassistischen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die die Morde beförderten und auch die Ermittlungen vieler Behörden leiteten, nicht verändert. Der Thüringer Verfassungsschutz ist dafür ein deutliches Zeichen. Das Amt wurde lediglich umbenannt und ein neuer Behördenchef installiert, statt es konsequent aufzulösen. Richtig hingegen sind die Schaffung des Entschädigungsfonds für die Opfer, Angehörigen und Geschädigten der Taten des „NSU“ und die Aufarbeitung in den parlamentarischen Untersuchungsausschüssen in Thüringen.

„Der Prozess und die heutigen Urteile sind gewiss ein wichtiger, wenn auch kleiner Schritt zur Aufklärung der Verbrechen des „NSU“. Aber solange es keine vollständige Aufklärung des NSU-Komplexes gibt, darf kein Schlussstrich gezogen werden“, sagt Sandro Witt, Vorstandsvorsitzender von MOBIT e.V. Die Thüringer Neonazi-Szene ist nach wie vor ein Nährboden für rassistische Gewalt und war in den vergangenen Jahren in zahlreichen Fällen auch Fundament für terroristische Taten wie Brandanschläge auf Asylunterkünfte oder massive und systematische Gewalt gegen politisch Andersdenkende gewesen. Wie schon in den 1990er Jahren ist Thüringen ein Kernland des RechtsRock und liefert damit den Soundtrack für Mord und Gewalt. Außerdem zeigte die Thüringer Neonazi-Szene mit ihrer Unterstützung für den Mitangeklagten Ralf Wohlleben in den vergangenen Jahren ihre große Verbundenheit mit dem Umfeld der mörderischen Terrorzelle. „Auch mit dem heutigen Urteil ändert sich nichts daran: Wir müssen uns weiter gegen die extreme Rechte einsetzen und solidarisch mit den Menschen sein, die Opfer dieser menschenverachtenden Taten werden. Dies muss eine der Lehren aus den Taten des „NSU“ sein“, so Witt weiter.