Gesellschaftliche Zusammenhänge benennen und Betroffenen beistehen
PRESSESTATEMENT (Bundesverband Mobile Beratung, Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt sowie des Bundesverbands RIAS)
Die Ereignisse in Halle haben die Sorgen der jüdischen Communities in
Deutschland bestätigt: Antisemitismus ist für Jüdinnen und Juden in
Deutschland nicht nur eine alltagsprägende Erfahrung, sondern nach wie
vor eine potentiell tödliche Bedrohung. Über fünfzig Personen mussten im
Innern der Synagoge von Halle am höchsten jüdischen Feiertag
stundenlang verharren, nachdem der rechtsextreme Täter versuchte, schwer
bewaffnet zu ihnen vorzudringen. Der folgende mörderische Anschlag auf
einen Dönerimbiss erfolgte nicht aus Zufall, sondern war rassistisch
motiviert.
„Rechte, rassistische und antisemitische Gewalt und rechter Terror sind alltägliche Realität in Deutschland. Die Forderungen nach Schutz der Betroffenen von Rassismus, Antisemitismus und Rechtsterrorismus müssen endlich ernstgenommen werden. Es braucht mehr Solidarität und die konsequente Entwaffnung und Strafverfolgung bewaffneter Neonazi-Netzwerke, um eine weitere Eskalation zu verhindern.“
Dr. Kai Stoltmann, Mitglied im Vorstand des VBRG
„Solche Attentate passieren nicht im „luftleeren Raum“. Sie werden von Tätern verübt, die sich bestätigt fühlen von einem politischen Klima, in dem sich die Grenzen des Sagbaren online wie offline immer weiter verschieben und die Feindbildbestimmung zur Normalität der politischen Auseinandersetzung geworden ist.“
Pascal Begrich, Mitglied im Vorstand des BMB
„Der Terroranschlag von Halle muss tiefgreifende Konsequenzen haben: diese dürfen nicht bei symbolischen Gesten stehen bleiben. Sicherheitsbehörden, Bildungseinrichtungen, Medien, Zivilgesellschaft und Politik haben die Pflicht jede Form des Antisemitismus zu erkennen, zu benennen und zu ächten. Nur so kann das Gefühl in den jüdischen Gemeinschaften `alleine dazustehen´ überwunden werden.“
Benjamin Steinitz, Geschäftsführer Bundesverband RIAS
Das maßgebliche Tatmotiv war allem Anschein nach ein
verschwörungsideologischer Antisemitismus, als Teil eines geschlossenen
rechtsextremen Weltbildes. In diesem greifen Antisemitismus, Rassismus
und Antifeminismus eng ineinander. Alle als bedrohlich wahrgenommenen
gesellschaftlichen Entwicklungen werden dabei aber letztendlich auf
einen vermeintlichen jüdischen Einfluss zurückgeführt. Rechtsextreme
Ideologie mündet unweigerlich in Gewalttaten gegen die als Feindbild
markierten Gruppen. Aus der ständig wiederholten Erzählung eines
permanenten, endzeitlichen „Abwehrkampfes“ gegen eine angebliche
„Umvolkung“ ergibt sich das Bestreben nach Bewaffnung, um an einem
selbst gewählten „Tag X“ losschlagen und Vernichtungsfantasien in die
Tat umsetzen zu können.
Die Erzählung des „Einzeltäters“ und einer „neuen Qualität der Gewalt“ führen daher in die Irre.
Die Tat reiht sich ein in eine Liste mehrerer rechtsextremer
Anschläge der vergangenen Jahre, die sich in Inszenierung und virtueller
Sozialisation der männlichen, weißen Täter gleichen. Zu nennen sind
etwa die Anschläge von Utøya und Oslo 2011 sowie die Anschläge auf zwei
Moscheen in Christchurch im März 2019 und auf die Synagoge in Pittsburgh
2018. Die Täter bewegen sich in Netzwerken, tauschen sich über
Online-Foren aus, unterstützen sich gegenseitig und ahmen einander nach.
Sie profitieren von der jeweiligen Aufmerksamkeit und dem zur Verfügung
gestellten Erfahrungswissen anderer Täter. Die Gewalt gegen Jüdinnen
und Juden hat in Deutschland zudem seit Jahrzehnten eine traurige
Tradition – so werden etwa die Morde an Shlomo Lewin und Frida Poeschke
1980 oder die Brandanschläge auf die Synagogen in Lübeck (1994) und
Düsseldorf (2000) in der aktuellen Diskussion nahezu ausgeblendet.
Rechtsextreme Diskurse haben eine klare Botschaft an die Betroffenen:
ihr seid nicht sicher und ihr gehört nicht dazu. Der Anschlag in Halle
hat ein weiteres Mal vor Augen geführt: Antisemitismus und Rassismus
töten. Es ist an der Zeit, dies ernst zu nehmen und einzustehen für eine
solidarische, offene und vielfältige Gesellschaft, in der alle
angstfrei leben können.
Gesellschaftliche Zusammenhänge benennen und Betroffenen beistehen
PRESSESTATEMENT (Bundesverband Mobile Beratung, Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt sowie des Bundesverbands RIAS)
Die Ereignisse in Halle haben die Sorgen der jüdischen Communities in Deutschland bestätigt: Antisemitismus ist für Jüdinnen und Juden in Deutschland nicht nur eine alltagsprägende Erfahrung, sondern nach wie vor eine potentiell tödliche Bedrohung. Über fünfzig Personen mussten im Innern der Synagoge von Halle am höchsten jüdischen Feiertag stundenlang verharren, nachdem der rechtsextreme Täter versuchte, schwer bewaffnet zu ihnen vorzudringen. Der folgende mörderische Anschlag auf einen Dönerimbiss erfolgte nicht aus Zufall, sondern war rassistisch motiviert.
Das maßgebliche Tatmotiv war allem Anschein nach ein verschwörungsideologischer Antisemitismus, als Teil eines geschlossenen rechtsextremen Weltbildes. In diesem greifen Antisemitismus, Rassismus und Antifeminismus eng ineinander. Alle als bedrohlich wahrgenommenen gesellschaftlichen Entwicklungen werden dabei aber letztendlich auf einen vermeintlichen jüdischen Einfluss zurückgeführt. Rechtsextreme Ideologie mündet unweigerlich in Gewalttaten gegen die als Feindbild markierten Gruppen. Aus der ständig wiederholten Erzählung eines permanenten, endzeitlichen „Abwehrkampfes“ gegen eine angebliche „Umvolkung“ ergibt sich das Bestreben nach Bewaffnung, um an einem selbst gewählten „Tag X“ losschlagen und Vernichtungsfantasien in die Tat umsetzen zu können.
Die Erzählung des „Einzeltäters“ und einer „neuen Qualität der Gewalt“ führen daher in die Irre.
Die Tat reiht sich ein in eine Liste mehrerer rechtsextremer Anschläge der vergangenen Jahre, die sich in Inszenierung und virtueller Sozialisation der männlichen, weißen Täter gleichen. Zu nennen sind etwa die Anschläge von Utøya und Oslo 2011 sowie die Anschläge auf zwei Moscheen in Christchurch im März 2019 und auf die Synagoge in Pittsburgh 2018. Die Täter bewegen sich in Netzwerken, tauschen sich über Online-Foren aus, unterstützen sich gegenseitig und ahmen einander nach. Sie profitieren von der jeweiligen Aufmerksamkeit und dem zur Verfügung gestellten Erfahrungswissen anderer Täter. Die Gewalt gegen Jüdinnen und Juden hat in Deutschland zudem seit Jahrzehnten eine traurige Tradition – so werden etwa die Morde an Shlomo Lewin und Frida Poeschke 1980 oder die Brandanschläge auf die Synagogen in Lübeck (1994) und Düsseldorf (2000) in der aktuellen Diskussion nahezu ausgeblendet.
Rechtsextreme Diskurse haben eine klare Botschaft an die Betroffenen: ihr seid nicht sicher und ihr gehört nicht dazu. Der Anschlag in Halle hat ein weiteres Mal vor Augen geführt: Antisemitismus und Rassismus töten. Es ist an der Zeit, dies ernst zu nehmen und einzustehen für eine solidarische, offene und vielfältige Gesellschaft, in der alle angstfrei leben können.